Viel wurde, auch schon vor dem Aufruf des Geocaching HQ´s, zum Thema Cachequalität gesagt. Hier in Deutschland ist das ein Dauerbrenner in den Blogs, Podcasts und anderen Geocache Medien. Nichts desto trotz will ich auch mal ein paar Gedanken dazu loswerden, getreu der Devise von Karl Valentin – „Es ist schon alles gesagt, nur noch nicht von jedem.“
Zuerst mal sollte man sich genau anschauen, was Cachequalität eigentlich ist. Und da fängt es ja schon an. Was für den einen Genial ist für den Anderen „schon tausendmal gesehen“, der norddeutsche Flachlandcacher wird von der Tupperdose am Bergrücken begeistert sein und das als Cachequalität bezeichnen, während so eine Dose dem süddeutschen Alpincacher nur ein müdes Lächeln abgewinnt und er sich nach Tauchcaches oder kilometerlangen, ebenen Fahrradtouren sehnt.
Klar könnte man pauschalisieren und sagen, wo viel Geld und Aufwand drin steckt, das ist Qualität. Wenn aber im Multi der rote Faden fehlt, die Story verwirrend ist oder die Rätsel an den Stationen mehr Frust als Lust machen, dann werden viele das nicht so sehen.
Ich würde Cachequalität als die Reichhaltigkeit von Dosen, ein breites, gut aufgefächertes Angebot an Geocaches in einer Region verstehen. Ein Angebot, wo sich jeder nach seiner Fasson raussuchen kann, was er gerne spielen, finden, erleben möchte. Deshalb sehe ich Cachequalität nicht primär als „die Dose muss selbst gebaut / teuer gewesen sein“ sondern es gibt für jeden Geschmack irgendwas zu finden. Für die, die gerne Landschaft wollen, für die, die eine Stadtführung wollen, für Kletterer, Taucher, Angelcachebegeisterte, für die, die gerne Lockpicking machen und selbst für die Powertrail- oder FTF Junkies.
Trotzdem sollten gewisse „Formalitäten“ mehr geschätzt werden, bzw ein gutes Auge darauf geworfen werden, da einen gewissen Standard zu haben. Fangen wir zum Beispiel mal mit dem Listing an. Das sollte grafisch ansprechend sein, universell gut sicht- und nutzbar (also am heimischen PC, am mobile Device, am GPS…). Es sollte eine Story erzählen, etwas über die Dose sagen, unterhalten, Tipps und Hinweise geben. Der Sucher sollte nach dem Lesen nicht sagen „vertane Lebenszeit“ sondern irgendwie damit bereichert worden sein. „Ich hab ne Dose gelegt weil da noch keine lag“ ist kein Listing. Und diese Art von Listings nimmt, jedenfalls empfinde ich das so, in den letzten Jahren stark zu. Kein Wunder, warum keiner mehr Listings liesst und dadurch in Konflikt gerät mit eventuellen Regeln, die der Owner aufgestellt hat.
Leider kann man meist sagen, je mehr Dosen liegen, desto weniger Zeit wurde für die Einzelne aufgewendet, für die Wahl der Location etc pp. Und damit sinkt dann die Qualität dieser Dosen, gerade bei Powertrails. Man kann vermuten, eine Erhöhung des Mindestabstandes schafft da Abhilfe. Ich denke aber, das verlagert es nur. Dann wird die Powertrailrunde beispielsweise eben nicht auf 10 Dosen in 1,61km verlegt sondern 10 Dosen in 16,1km. Es gibt durchaus interessante Trails. Besondere. Hier sollte man gucken, wieso die interessant sind und versuchen, dies auf andere Runden zu übertragen. Wenn möglich schon vor dem Publish.
Eine Idee wäre noch, den Cacheowner beim Publish schon in die Verantwortung zu nehmen und ihn eine Begründung abgeben zu lassen, wieso an diesem Ort gerade diese eine Dose so liegen muss. Das wäre wirklich ein Schritt weg von Masse, hin zu exklusiveren Caches. Die Frage ist natürlich, ob Groundspeak das will und wie man es umsetzen kann. Sollten die Reviewer da Entscheidungshoheit bekommen? Also nicht mehr nur „Regelprüfer- und checker“ sein, sondern traut man ihnen zu, aktiv einzuschätzen, ob diese Dose so an diesem Ort gelegt eine wirkliche Bereicherung ist? Bei anderen Spielen erfolgt die Aufnahme von neuen, spielrelevanten Punkten nach einer Überprüfung aus der Community heraus. Das wäre eine starke Kehrtwende, zum Bisherigen „Wir nehmen alles, was formal den Regeln entspricht, weil wir glauben an das Gute in allen Cachern“. Wenn man nicht will, dass jeder jeden Quatsch legen und einreichen darf, der dann freigeschaltet wird, dann muss man eben dafür sorgen, dass nicht jeder jeden Quatsch einreichen darf. Das ist ganz klar eine Zensur, eine Vorselektion. Vielleicht werden damit neue, kreative Impulse verhindert, weil nur das an Caches herauskommt, was schon irgendwie mal da war, vielleicht bewirkt es aber auch das Gegenteil und gerade neue, noch nie da gewesene Ideen finden eine Umsetzung und definieren neue Standards?
Man könnte auch mal sehr kritisch die Guidelines durch schauen und wirklich Punkt für Punkt hinterfragen, ob man die, über die Jahre verklausulierten und verbal ausgeformulierten Regeln so wirklich braucht oder man einen grossen Kahlschlag macht, alles überflüssige (eventuell bleibt nur das rechtlich/juristisch relevante) streicht und generell zu Individualentscheidungen übergeht. Das könnte zum Beispiel keinen Mindestabstand mehr bedeuten, wenn es erklärbar ist wieso man näher ran geht. Oder diese ganzen Eventregelungen aufheben und nach gesundem Menschenverstand Events freischalten lassen oder eben nicht. Oder plötzlich sind Caches mit mehreren Finalbehältern möglich. Und der Sucher entscheidet selber, wie er die Story die der Cache erzählt, abschliessen will. Von den ganzen Challenge Cache Sonderregeln fange ich jetzt erst gar nicht an, die man aufheben könnte und sie individuell an jeden Cache angepasst zu gestalten, anstatt sie pauschal mit aller Macht und Kraft für alle und an jedem Ort gleich zu machen.
Man könnte auch alte, attraktive und interessante Cachearten wieder aufleben lassen, ohne das gleich alles unkontrolliert zusammenbricht. Denn es bestände ja die Möglichkeit mit Individualentscheidung zu steuern.
Eine weitere regulierende Massnahme, diesmal aber komplett weg vom Vertrauen in die Selbstregulierung durch die Owner, könnte das Einführen einer Cachequote in einem Bereich sein (mit Abschaffung der 161m Abstandsregel). Man clustert die Welt in Gebiete, beispielsweise 5x5km Quadrate und gibt dann eine Menge an Cachetypen vor, die in dem Cluster vorhanden sein dürfen. Vielleicht 10 Tradis, 3 Multis, 2 Mysteris… Das reguliert natürlich stark, aber vielleicht würde das zu einem bewussteren Cachelegen führen. Wenn man weiss, man hat nur X Tradis, die man in dem Gebiet legen darf, dann gibt man sich bei den paar vielleicht richtig Mühe, als nur irgendwas in die Gegen zu klatschen. Damit könnte man gut überlegte und konzipierte Caches erreichen.
Wie wäre es mit der Einführung einer „Ownerthemenwoche/monat“. Quasi eine Souvenir Challenge Aktion umgedreht. Man bekommt keinen Punkt für das Finden einer Anzahl oder Typs von Cache, sondern Groundspeak gibt ein Thema vor, zum Beispiel „Wasser“, „Baum“, „alte Mauern“ (natürlich ein wenig ausformulierter) und Owner sind angehalten, Caches in diesem Zusammenhang zu legen. Eventuell könnte GS Material (in Verbindung mit Geocache Shop Promo) zur Verfügung stellen und Owneranwärter können sich um eins der Materialpakete bewerben mit Kurzkonzept, was geplant ist.
Es gibt vom Shop „Cache Advance“ (und dem GeocachingVlogger?) die Aktion „Geocaching Challenge of the Month“. Sie geben ein Thema vor (im Juli 2018 lautet es „Finde einen Geocache, der wie etwas anderes aussieht“) und wer mit macht und ein Foto/Video von seinem Cacheerlebnis einschickt, nimmt an der Verlosung einer speziellen Geocoin teil. Sowas auf Cacheowner umbauen, „Bau einen Geocache der mit Planeten zu tun hat“, irgendwie den Gewinner mit einem Preis versehen und das Gewinnerergebnis als gutes Beispiel im Newsletter der Öffentlichkeit vorstellen.
Die bei diesen Themenwochen/monaten entstandenen Caches könnten in Bookmarklisten etc eingepflegt werden, der Owner, der es auf so eine Liste schafft, könnte ein besonderes Souvenir erhalten. Die Bookmarkliste kann später genutzt werden, sich thematische Caches und das Feedback darauf anzuschauen, wenn man dann selber einen (Wasser-)Cache plant, kann man sich durch sie inspirieren lassen.
Der Groundspeak Youtube Channel könnte genutzt werden für DIY Bastelvideos, entweder von GS selber produziert oder durch Macher der Community. Wir haben so viele handwerklich begabte Menschen in der Reihen der Geocacher, gebt denen eine zentrale und von GS auch regelmässig beworbene Plattform ihre Werke (zum Nachbauen) zu präsentieren.
Das Favoritenpunktsystem sollte aus- bzw umgebaut werden. Durch das Binäre, ja oder nein, wird zu wenig über die Qualität eines Caches gesagt, und die Sortierungsmöglichkeit für präferenzierte Geocachetypen, „die sich lohnen“, ist zwar möglich, aber nicht eindeutig. Es gibt Systeme wie GCvote, Apps wie Amaze oder externe Empfehlungsseiten/Datenbanken wie bessercacher.de. Bei denen ist eine wesentlich komplexere Betrachtungs- bzw Klassifizierungsweise von Caches möglich. Bei GCvote beschränkt es sich zwar „nur“ auf ein 5 Sterne System, durch das aber trotzdem schon ein klarer Trend und eine bessere Unterscheidung von schlecht-normal-besser zu lässt. Bei Amaze werden Caches bestimmten Kategorien (Familiencaches, Klettercaches, Erlebniscaches…) durch die Vorfinder/Owner zugeordnet. So kann man da vielleicht auch nicht direkt sagen „Der Cache ist gut.“, aber man kann sich Caches schnell und einfach nach seinen Vorlieben aussuchen. Die Terrainwertung T5 sagt zwar schon etwas aus, aber was ist es denn nun? Klettern, (extrem)Wandern, Tauchen, Schwimmen, Fliegen… Für das manuelle Filtern geht leider viel Zeit drauf.
4000 Geocacher wurden anhand eines „Algorithmus“ mit der Möglichkeit belohnt, einen Virtual Reward Cache zu verstecken. (Ich will ehrlich sein, ich glaube bis heute nicht daran, dass da wirklich ein irgendwie gearteter Algorithmus dahintergesteckt hat. Aber egal.) Die Ergebnisse dieses Algorithmus könnte man nehmen und in die Profile einbauen. Also wenn Groundspeak eine Art und Weise hat, gelegte Caches nach deren Qualität zu beurteilen, warum bindet man das nicht in die Profile mit ein, um die fleissigen Owner zu belohnen? Ich weiss, dass es in der „deutschen Geocacherszene“ eine Art Wettbewerb zwischen Ownern gibt, die sich selber HQ Owner (High Quality Owner) nennen. Diesen Wettbewerbswillen, den könnte man doch nutzen, indem man eben die Owner, die überbedeutsame Caches legen und warten irgendwie klassifiziert und das Ergebnis davon Transparent im Profil macht.
Aktuell sehe ich die Entwicklung, dass gerade auf Events hinter mehr oder weniger vorgehaltener Hand Namen ausgetauscht werden im Sinne von „mach die Caches von dem, die sind alle super“. Leider kommen ortsfremde Geocacher, die mal zum Besuch oder im Urlaub da sind diese Info nicht. Durch einen speziellen Status im Profil, der natürlich irgendwie filter- und sortierbar sein sollte, kann auf diese speziellen Owner und deren Caches gut hingewiesen werden.
Es ist so paradox, dass Groundspeak sagt „Wir haben ein Werkzeug, um gute Caches herauszufinden“ (Virtual Rewards als Belohnung), dass dies aber nicht transparent gemacht wird oder wenigstens öfter ein Datensatz mit ihm erstellt wird, um eben solche Caches irgendwie als „bessere Qualität“ hervorzuheben.
Insgesamt lässt sich zusammenfassen, Cachequalität ist nicht spontan von heute auf morgen zu verbessern, indem man einfach nur einen Schalter/Hebel umlegt und alles wird gut. Cachequalität erfordert Arbeit. Es erfordert Ownerpflege, man muss den Leuten, die (gute) Caches legen gute, sinnvolle und frustfreie Mittel und Werkzeuge in die Hand geben, damit sie ihre selbstgestellte Aufgabe, einen guten Cache zu legen, gut und gerne ausführen. Klar kommt Stress dabei raus, Owner zu sein. Wartung, Kommunikation, Kontrolle… Das alles müssen Owner auch gut erledigen können. Die schönste gebaute Dose taugt nichts, wenn sie nach 2 Wochen ungewartet mit nassem, übervollen Logbuch im Wald vor sich rumgammelt. Owner müssen gepflegt werden, den Bauch getätschelt. Denn sie leisten einen beachtlichen, einen sehr wichtigen Teil für unser Hobby.
Cachequalität erfordert viel Arbeit, gerade auch von Groundspeak. Und eventuell auch Einschnitte und eine Umstellung von dem typischen „schnell wachsen und gross werden, Expansion, Expansion, Expansion, koste es was es wolle“, hin zu einem langsameren auf die geschaffenen Werte berufendem Verständnis unseres Hobbys. Vielleich bringen 100 (Neu-)Cacher, die ein Jahr (im Idealfall als Premium) spielen mehr Umsatz, als 5, die 14 Jahre dabei sind (und brav jährlich ihre PM erneuern). Dafür werden die letzteren aber mehr für Cachequalität machen können, als die Einjahresfliegen, die sobald der nächste Hype/Trend kommt, diesem hinter her jagen und für die Geocaching dann kein Thema mehr ist.
Groundspeak muss sich Zeit nehmen, für die Erhöhung der Cachequalität. Getroffene Massnahmen müssen immer wieder reflektiert werden und ggf. angepasst, ausgebaut oder beendet.
Bis heute sehe ich nicht, dass man gleichberechtigt mit den Cachern etwas für das Hobby tut, sondern das, sicherlich den Finanzinteressen geschuldet, Groundspeak das Hobby definiert. Vielleicht ist das auch eine deutsche Sicht, fernab vom Mutterland des HQ´s. Vielleicht erfolgt mit amerikanischen Cachern mehr Austausch und eine bessere Konsensfindung darüber, was die Geocacher wollen und brauchen. Wenn das so wäre, sollte unbedingt geschaut werden, wie man regionalen/nationalen Interessen gerecht werden kann und nicht versuchen den amerikanischen „Cachegeschmack“ auf die Welt zu übertragen.