Erlebnisse oder Ergebnisse?

Da sitzen wir und neiden den Anderen, wir schauen voll Missgunst auf ihre Punkte. Wir prüfen, ob das denn wirklich so sein kann, wir filtern, sortieren, recherchieren, lesen lange und kurze Logs, einzig mit dem Ziel einen Fehler zu finden. Einen Fehler, warum das nicht sein kann, was da zu sein scheint. Hat er zu viel, hat er zu schnell, hat er gar nicht richtig, irgendwas wird sich doch finden lassen, um es dann in die vermeintliche Öffentlichkeit, die Geocaching-Filter-Bubble zu tragen. Der normale Wahnsinn interessiert schon lange keinen mehr und bringt keine Klicks, es muss das Besondere sein, das Aussergewöhnliche der Missetat. Ein, zwei Dosen zu loggen, die Punkte zu kassieren, ohne sie je in der Hand gehabt zu haben, uninteressant, Alltag. Anders wird es, wenn es spektakuläre Fälle sind, Fälle die an eine selbstauferlegte und interpretierte Cacherehre gehen. Wird bei den heroischen D und T5ern betrogen? Wird gar nicht geklettert, wo geklettert werden muss? Wird gar nicht gepaddelt, wo gepaddelt werden sollte? Werden keine Stunden vor dem heimischen Rechner verbracht, keine neue Sprache gelernt, kein Studium der Fachliteratur betrieben? Es gibt so vieles zu meckern, zu schimpfen, man muss nur ein wenig danach suchen.

Oder wir lassen es einfach sein. Denken wir doch daran, was wir für ein schönes Hobby haben, wir kommen raus an die frische Luft, sehen die Natur, Wälder, Berge, Felder, Dinge, denen wir moderne Grossstadtnomaden im Alltag kaum mehr ausgesetzt sind. Wir haben die Gelegenheit diese tollen Hochglanzbilder der Outdoorindustrie nachzuahmen und zu erleben. Wir können die unterschiedlichsten Menschen treffen, mit ihnen Erlebnisse und Erfahrungen teilen oder doch einsam durch den Wald ziehen. Wir hocken nicht in verstaubten Archiven und sortieren alte Folianten auf der Suche nach der einen, in der Sammlung noch fehlenden Briefmarke. Wir haben Netzwerke aus gleichbegeisterten Enthusiasten, mit denen wir Geocoins, Pins, was auch immer tauschen oder einfach nur darüber quatschen können. Wer will kann Tage an kniffligen Rätseln sitzen, sportliche Herausforderungen bewältigen, seine Grenzen entdecken und über sie hinaus wachsen. Wir schreiben Blogartikel, produzieren Podcasts, es entstehen Filme. Es gibt Geocaches, die würden im Handwerk als Meisterprüfung durchgehen. Wir organisieren (teils ehrenamtlich) Grossveranstaltungen und treffen da Bekannte und Freunde, Menschen, die ohne dieses seltsame Hobby namens Geocaching nie in unser Leben getreten wären.

Lasst uns diese dämlichen Punkte vergessen. Klar kann man über die Taten der Anderen sprechen, wir sind soziale Wesen. Letztendlich fusst unsere Zivilisation auf dem Austausch von Erlebten und Erfahrungen. Doch wir dürfen uns nicht herunterziehen lassen, in einen Kreis aus Neid und Missgunst.

Geht raus, geniesst die Welt. Manchmal ist einem das schneller verwehrt als man denkt.

Wie lass ich letztens auf Twitter, ein Zitat was Frau Alligateuse zugeschrieben wird: Lieber schöne Erlebnisse, als Zeiten und Ergebnisse.

 

2 Gedanken zu „Erlebnisse oder Ergebnisse?“

  1. Ich habe noch nie und werde nie anderer User Logs untersuchen. Warum auch? Ich habe bis heute noch keinen Nachteil finden können, wenn jemand “falschloggt”. Evtl. mit einer kleinen Ausnahme: Fundlogs bei nichtvorhandenen Dosen können anderen Cachern suggerieren, daß die Dosen noch da sind und sie zum intensiven Weitersuchen animieren. Aber liest heute noch jemand Logs?

    Andererseits kann die Detektivarbeit sehr interessant sein und wird vielen Leuten Spaß machen.

    Ich sehe das alles nicht als Problem sondern als Symptom von Challenge”caches” und dem ganzen anderen Statistikwahn, der wohl immer mehr gefördert und forciert wird.
    Oft sehe ich in Logbüchern vordatierte Logs. Verständlich, denn wenn jemand seine Fundserie nicht abreißen lassen will, kann er sich so einen oder mehrere Tage von der Cachearbeit freinehmen. Evtl. hat er auch in den nächsten Tagen keine Zeit, will aber trotzdem den 365-Tage-Challenge”cache” loggen können.

    Wenn Schummeln einen Vorteil bringt, wird geschummelt. Das war immer so und wird immer so sein. Im Großen wie im Kleinen.

    Wer Schlau ist, macht das natürlich so, daß keiner Verdacht schöpft oder die Schummelei nachweisen kann.

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  2. Ich glaube mittlerweile nicht mehr, dass es nur um Punkte geht. Jeder weiss, dass ein wie auch immer geartetes Punktesystem durch die Masse an passenden, auf maximalen Durchsatz getrimmten Caches ad absurdum geführt wird. Man kann jede beliebige X/5-Kombination erangeln, vermutlich auch für alle Sorten physischer Dosen. Logbücher kontrolliert eh kaum jemand, so dass man auch bequem von zuhause aus diverse Matrizen ausmalen kann. Oder ein Team teilt sich auf, getrennt marschieren, vereint loggen.
    Ich glaube vielmehr, dass viele Cacher mittlerweile auf Autopilot geschaltet sind: Da ist ein Cache, der muss gefunden werden.
    Der Sinn wird gar nicht mehr hinterfragt, Hauptsache, es geht schnell, schnell, schnell.

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